Aus formalen Gründen lehnte der SPÖ-Bundespartei 2014 die Behandlung des nachstehenden Antrages ab. Eine klare Positionierung der SPÖ in Richtung politischer Islam wurde damit versäumt. Michael Bernt ist auch aus diesem Grund 2015 aus der SPÖ ausgetreten.
An die
Bundesgeschäftsführung der Sozialdemokratischen Partei Osterreichs
Bundesgeschäftsführer Mag. Norbert Darabos : norbert.darabos@spoe.at
zu Handen der Antragsprüfungskommission für den Bundesparteitag 2014
Löwelstrasse 1B
1018 Wien
Die Ansprechpersonen der Initiativgruppe ,,Sozialdemokratie und Islam“
BERNT Michael, Mag. MBA
DOHNAL Elisabeth, Mag. MSc Bezirksrätin
FELLNER Reinhard, Ing.
REITER Karl, Ass.-Prof. Mag. Dr.
Betrifft: Bundesparteitag 2014, Antrag zur Sozialdemokratischen Position gegenüber dem politischen lslam
Liebe Genossinnen! Liebe Genossen!
lm Anhang übersenden wir unseren Antrag betreffend die ,,sozialdemokratischenPosition gegenüber dem politischen Islam“ zur Beschlussfassung durch dieDelegierten des Bundesparteitages 2014 und ersuchen um Rede- undDiskussionsrecht für 4 GenossInnen am Bundesparteitag.
Wien, B. Oktober 2014
Mit freundschaftlichen Grüßen
Bernt – Dohnal – Fellner – Reiter
Bundesparteitag 2014
Antrag zur Beschlussfassung durch den Bundesparteitag der Sozialdemokratischen Partei Österreichs
Antrag zur Sozialdemokratischen Position gegenüber dem politischen Islam
Weltweit ist eine Beschleunigung der Radikalisierung und Verschärfung von Gewalttätigkeit international agierender politisch-islamischer Bewegungen festzustellen. Das zeigt sich in gehäuften Terroranschlägen in Afghanistan und Pakistan (Taliban), im Vormarsch islamistischer Milizen im zerfallenden Libyen, durch die grausamen Massaker und Geiselnahmen in Afrika (Boko Haram, Al-Schabaab) oder durch die bestialischen Feldzüge des lslamischen Staates (lS) in Syrien und im lrak.
Hamas-Raketen auf Israel und antijüdische Hasskundgebungen extrem selbstgerechter muslimisch-sunnitischer Gruppen in europäischen Städten erinnert an den nationalsozialistischen und faschistischen Terror der sich heute in der ,,Religiösen Rechten“ – dem politischen lslam – manifestiert. Die Übergriffe durch politische Islamisten und Gewalttäter auch auf geflohene Christen finden nicht nur weit weg von uns in fremden Ländern statt, mit denen Europa nichts zu tun hat, sondern beispielsweise in europäischen Flüchtlingsheimen, durch gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen Yeziden und tschetschenischen lS-Sympathisanten in Deutschland (Herford) und auch in Wien, da Wiener Islamisten, aktuell gegen Yeziden hetzen.
ln den letzten Jahren haben einige aufsehenerregende Fehlentwicklungen und Fehlentscheidungen unter sozialdemokratischer Mitverantwortung mehrfach Anlass zur Sorge gegeben, dass in der Auseinandersetzung mit dem politischen Islam sozialdemokratische Grundwerte zur Disposition gestellt werden könnten.
1 . lm Jahr 2012 wurde das „Internationale King Abdullah Bin Abdulaziz Zentrum für lnterreligiösen und lnterkulturellen Dialog“ eröffnet, welches sowohl auf bundes- als auch auf landespolitischer Ebene deutliche Unterstützung durch sozialdemokratische Regierungsverantwortliche gefunden hat. Dies erscheint angesichts des massiven Einflusses des wahhabitischen (damit sunnitischem) und damit extrem konservativ islamischen Saudi-Arabien auf dieses Zentrum höchst problematisch, weil sich dieser Einfluss sowohl in der Finanzierungsstruktur als auch in der Namensgebung der Einrichtung verdeutlicht. Das Zentrum genießt einen rechtlichen Sonderstatus, der ihm quasi eine Immunität den österreichischen Behörden gegenüber verschafft.
ln diesem Zusammenhang machen wir darauf aufmerksam, dass islamisch regierte Länder als Mitgliedsländer der Vereinten Nationen zwar Abkommen unterzeichnen, jedoch sobald es aus deren Sicht vorteilhafter ist, mit einem entsprechenden schriftlichen Vorbehalt, der Regelungen der Scharia gegenüber den Intentionen des Abkommens den Vorrang gibt. Erschreckenderweise stimmen die Vereinten Nationen – und damit auch Österreich – dieser Vorgehensweise zu. Dies zeigen die beiden folgenden Beispiele:
Nach Mitteilung des Generalsekretärs der Vereinten Nationen haben u.a. verschiedene islamische Länder ihre Ratifikation- und Beitrittsurkunden hinterlegt
- zum ,,Übereinkommen über die Rechte des Kindes“ (StF: BGBI. Nr. 7/1993 zuletzt geändert durch BGBI. lll Nr. 91/2013). Neben Ländern wie dem lrak, lran, Kuwait führt Saudi-Arabien in seinem Vorbehalt aus, dass ,, die Regierung des Königreiches Saudi-Arabien Vorbehalte in Bezug auf alle Artikel ..“ anbringt, ,,die im Widerspruch zum islamischen Recht stehen“;
- zur „Konvention zur Beseitigung jeder Form der Diskriminierung der Frau“ (BGBl. lll Nr. 16212005). ln der Konvention selbst hat z.B. Saudi-Arabien jedoch dargelegt, dass ,,1. lm Fall eines Widerspruches zwischen den Bestimmungen der Konvention und dem islamischen Recht“ … ,,das Königreich nicht verpflichtet“ ist ,,die widersprechenden Bestimmungen der Konvention zu befolgen …“. Analoge Vorbehalte haben in dieser Konvention Pakistan, die Vereinigten Arabischen Emirate oder auch Syrien erklärt und sprechen den Vorbehalt unter Hinweis auf die Gültigkeit der Scharia aus.
Damit ist die Wirkungslosigkeit dieser Konventionen bzw. dieser Übereinkommen für jene Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen, die solch einen Vorbehalt definiert haben, festgeschrieben und von den Staaten der Vereinten Nationen – damit auch von Österreich – akzeptiert, sodass die Intentionen der Konvention bzw. des Übereinkommens ,,umgangen“ werden können.
2. Eine weitere irritierende Entscheidung unter sozialdemokratischer Ressortverantwortung war die Ablehnung der Zuerkennung des Status als religiöse Bekenntnisgemeinschaft an die Alevitische Glaubensgemeinschaft. Dies geschah mit der Begründung, dass es schon eine islamische Glaubensgemeinschaft gibt, die seit 1912 den Status der anerkannten Religionsgesellschaft hat, Diese Entscheidung wäre gleichbedeutend mit dem Verbot der evangelischen Kirche, mit der Begründung, dass es als christliche Kirche schon die katholische gebe – sie ist ein einzigartiger Skandal in der österreichischen Religionsrechtsgeschichte.
Unzweifelhaft ist darüber hinaus, dass die Alevitische Glaubensgemeinschaft den Grund und Menschenrechten und rechtsstaatlich-demokratischen Grundwerten bedeutend näher steht, als die in Österreich bereits etablierte islamische Religionsgemeinschaft. Die Entscheidung des Kultusamtes, die in der Folge vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben wurde, offenbart ei n erschreckend konservativ-autoritäres Religionsrechtsverständnis, welches da unter sozialdemokratischer Ressortverantwortung wieder auflebt (Fürst Metternich lässt grüßen !).
3. O-Ton Recep Tayyip Erdogan: ,,Die Demokratie ist wie eine Straßenbahn, die man verlässt, wenn man am Ziel ist“. Eine ebenso erstaunliche wie unangebrachte Gelassenheit von Vertreterinnen und Vertretern der Sozialdemokratie stellen wir rund um das Treiben konservativ-autoritärer Pro-Erdogan-Aktivisten in Österreich fest. Negative Höhepunkte waren dabei der unverschämte Wahlkampfauftritt Recep Tayyip Erdogans in Wien und die unerträgliche Hetze des Organisators des Erdogan-Wahlkampfauftrittes und Präsidenten der UETD, Abdurrahman Karayazili gegen die ORF-Journalistin Lisa Gadenstätter.
4. Die verabscheuungswürdige Inszenierung Hamas-freundlicher Aktivisten, die das israelische Volk – schon wieder – als Volk von Kindermördern ins Weltgedächtnis brennen will, darf ungestraft mitten in Wien die antisemitische Fratze des Islamismus zeigen. Österreich, das mit solch unsäglicher Legendenbildung selbst ebenso widerwärtige wie verzichtbare Tradition hat, hat eine besondere Verantwortung, solchen antisemitischen Hetzkampagnen mit aller Macht entgegenzutreten.
Wir treten entschieden dafür ein, dass die Konturen in der sozialdemokratischen lntegrationspolitik im Allgemeinen und in der Auseinandersetzung mit dem politischen lslam im Besonderen deutlich erkennbar und wirksam werden. lntegrationspolitik und die unter anderem auch damit verbundene Auseinandersetzung mit dem politischen Islam dürfen nicht weiterhin H.C. Strache und Sebastian Kurz überlassen werden. Die Sozialdemokratie überlässt die Emotion zum Thema Integration den Rechten und die inhaltliche Gestaltung den Konservativen.
Der 43. ordentliche Bundesparteitag fordert daher, dass
- die österreichische Sozialdemokratie sowohl für die nationale als auch für die internationale Auseinandersetzung und Gestaltung der Beziehungen mit dem politischen Islam an der Grundlage der Unverhandelbarkeit der Grund- und Menschenrechte und der Unveräußerlichkeit rechtsstaatlich -demokratischer Grundwerte festhalten und dies auch in ihrem Umgang mit Organisationen des politischen Islam verstärkt manifestieren möge;
- sich die österreichische Sozialdemokratie im Sinne der Resolution des UN Sicherheitsrates vom 16. August 2014, dass die Finanzierung von Terrorgruppen bzw. deren Hintermännern zu stoppen ist, dazu bekennt sowie entschlossen und geschlossen aktiv daran mitwirkt. Die Resolution wird von der Sozialdemokratie als klare Botschaft verstanden, dass die internationale Gemeinschaft und so auch die österreichische Sozialdemokratie nicht lediglich passiv danebensteht, wenn Islamisten Regionen destabilisieren und Verbrechen wie Verhetzung und Massen- und Völkermord begehen sowie systematische sexuelle Gewalt ausüben.
- scharfe und unmissverständliche Reaktionen des Staates in Fällen, wie dem der im August 2014in Osterreich festgenommenen mutmaßlichen Dschihadisten gesetzt werden.
Wer sich solchen mordenden Truppen anschließt und damit zum potenziellen Mörder wird, muss sofort seinen Asylstatus bzw. die Aufenthaltsberechtigung verlieren. Auch die Verherrlichung solcher Truppen, etwa das Tragen von lS-Abzeichen, muss angesichts des unermesslichen Leids, das unter diesen Abzeichen angerichtet wird, geahndet werden. Es reicht nicht aus, die grauenhaften Verbrechen der lS-Miliz bloß verbal zu verurteilen.
Österreich als Rechtsstaat muss mit dem gesamten Potential des bestehenden Strafgesetzbuches reagieren und allenfalls bestehende Regelungslücken umgehed schließen, Österreich darf nicht als Rekrutierungs- und Aufmarschland für diese Verbrechen missbraucht werden.
- die vernichtenden Erfahrungen der Sozialdemokratie im 20. Jahrhundert mit dem politischen Katholizismus und dem Austrofaschismus bzw. Nationalsozialismus, der Sozialdemokratie im 21. Jahrhundert den Weg in einem Diskurs mit der ,,Religiösen Rechten“ in Österreich – dem politische Islam – weisen und sich ebenso wie von den ,,alten Rechten“, die nationalsozialistisches Gedankengut in sich tragen, strikte abgrenzt.
- eine klare Abgrenzung der Sozialdemokratie gegenüber Unterstützern des konservativ-autoritären Erdogan-Regimes sowie gegenüber Institutionen, die vom erzkonservative Regime in Saudi Arabien finanziert werden zu erfolgen hat. Das umfasst auch die bereits in der Sozialdemokratischen Partei verankerten Personen, die den Werten unserer Partei diametral entgegenstehen. Das sind vor allem jene Personen, die sich in Osterreich den ,,AKP-Ablegern“ der Milli Görüs-Bewegung und den Muslimbrüder zugehörig sehen. Diese Personen haben in der Partei keinen Platz und sollen weder direkt noch indirekt (2.8. über den SWV) gefördert werden düden. Zur Veranschaulichung wird z.B. auf bizmaqazin.at hingewiesen.
- bei Einbindung von Menschen in die Sozialdemokratie – insb. Personen, die für ein politisches Mandat in Erwägung gezogen werden – soll auf deren progressive und säkulare Einstellung geachtet werden, die nicht im Widerspruch mit unserem sozialdemokratischen Werten steht.
- für die Aus- und Fortbildung islamischer Religionslehrerinnen und Religionslehrer müssen jedenfalls Mindeststandards festgelegt werden, wie sie für die Aus- und Fortbildung von Lehrerinnen und Lehrern durch die Religionspädagogischen Akademien für die christlichen Konfessionen in Geltung stehen, Die verstärkte polizeiliche Überwachung und strafgerichtliche Verfolgung verhetzender Aktivitäten islamistisch-fundamentalistischer Protagonisten unter dem Deckmantel islamischen Religionsunterrichts muss unbedingt und nachhaltig sichergestellt werden, Dem Import von lmamen und Seelsorgern aus dem Ausland, welche wenn überhaupt eine Ausbildung haben, wird gegenwärtig kein Riegel vorgeschoben. Diese Multiplikatoren, finanziert aus dem Ausland, stehen in gesellschaftsrelevanten Bereichen und machen Stimmung. ln Zukunft sollten nur mehr jene zum Einsatz kommen, welche in Österreich an einer staatlich anerkannten Einrichtung ihre Ausbildung absolviert haben. Die Grundung von Kindergärten, Schulen und Bildungseinrichtungen, wie von der Milli Görüs oder anderen national-islamistischen Strömungen muss mit allen rechtlichen Mitteln Einhalt geboten werden.
- zu gewährleisten ist, dass der Dialog mit dem gesamten Spektrum islamischer Glaubensrichtungen und Interessenvertretungen von staatlicher bzw. politischer Seite zu führen ist und kein Alleinvertretungsanspruch konservativ-autoritärer islamischer, insbesondere sunnitischer Organisationen von staatlicher bzw. politischer Seite zementiert wird;
- die finanzielle, politische und moralische Unterstützung terroristischer Organisationen, die sich die Vernichtung des Staates Israel zum Ziel gesetzt haben abzulehnen und islamistisch-antisemitische Verhetzung zu verfolgen ist.
08.10.2014