Appell an den Nationalrat für die Sicherstellung einer „Integrierten Finanzkontrolle“ und die Aufhebung von zwei Bankengesetzen sowie eine unmissverständliche Klarstellung, dass es keine Durchgriffshaftung zu Lasten der öffentlichen Hand gegen verfassungs- und europarechtskonformes Landesrecht geben kann (10. März 2016)
Sehr geehrte Damen und Herren Nationalratsabgeordnete!
Außerdem haben weder die Griss-Kommission noch der Hypo-Untersuchungsausschuss die Dysfunktionen der öffentlichen Finanzkontrolle – weil sie eben nicht als „Integrierte Finanzkontrolle“ gedacht und gelebt wird – und eben diese aufrechten Gefahrenpotenziale und vermeidbar gewesenen weiteren Schadensereignisse herausgearbeitet. Beide haben bisher ebensowenig wie die beteiligten und verantwortlichen Regierungen und Parlamente samt Finanzminister und Rechnungshofpräsident die Europarechtswidrigkeit des § 92 Absatz 9 Bankwesengesetz, die Verfassungsbaugesetzwidrigkeit des § 2 Absatz 2 Pfandbriefstelle-Gesetz und die Denkunmöglichkeit einer Durchgriffshaftung gegen glasklaren landesgesetzlichen Haftungsausschluss und europäisches Wettbewerbsrecht realisiert, im Gegenteil, die genannten Institutionen haben diese höchst problematischen Normen teilweise sogar ausdrücklich bestätigt und affirmiert.
Und schließlich hat es keiner/keine der weiteren Bewerberinnen und Bewerber, die ihre Ambition für das Amt des Rechnungshofpräsidenten/der Rechnungshofpräsidentin bisher noch in pectore behalten, für nötig befunden, auf diese unsinnigen, rechtswidrigen und vermeidbaren Schadens- und Bedrohungspotenziale hinzuweisen, die immerhin noch die Zutaten für den haftungsrechtlichen Supergau enthalten, der selbst das Hypo-Alpe-Adria-Debakel noch deutlich in den Schatten stellen würde: dann nämlich, wenn auch österreichische Gerichte es für möglich halten sollten, dass es eine Durchgriffshaftung österreichischer Bundesländer gegen glasklares Landesrecht und Europarecht geben könne.
Ich ersuche daher den Nationalrat, die besten Europarechtler_innen, Verfassungsrechtler_innen, Gesellschaftsrechtler_innen, Bankenrechtler_innen und Zivilrechtler_innen zu Rate zu ziehen, um gerne die Richtigkeit und Schlüssigkeit meiner Argumente und meiner Konzeption für die Amtsführung des Präsidenten des Rechnungshofes der Republik überprüfen zu lassen.
Eine Integrierte Finanzkontrolle auch weiterhin nicht anzuwenden, würde die Aufrechterhaltung einer unnötigen Dysfunktion der öffentlichen Finanzkontrolle, ausgerechnet durch ihr Spitzenorgan, bedeuten. Und dies sogar gegen anderslautendes verfassungsrechtliches Gebot, das mit vertretbarem Auslegungsfleiß aus unserer Verfassungsordnung abzuleiten ist.
Die deutliche Sprache dieses Appells ist meinem besten Wissen und Gewissen als Staatbürger, Rechts- und Interventionswissenschaftler und Beamter geschuldet, der seine Grundrechte der Meinungsfreiheit und der Freiheit der Wissenschaft und Forschung in Anspruch nimmt.
Ich setze damit in keiner Weise die auf sehr weite Strecken und zu sehr großen Teilen hervorragende Arbeit meiner Kolleginnen und Kollegen und des Herrn Rechnungshofpräsidenten Dr. Josef Moser herab. Letzterer hat in seiner Amtszeit viele bemerkenswerte Initiativen gesetzt, die ein wertvoller Beitrag für die Funktionstüchtigkeit der öffentlichen Finanzkontrolle und die Katalysatorfunktion des Rechnungshofes für dringend notwendige Verwaltungsreformen in der Republik Österreich sind und hoffentlich auch weiterhin nachhaltige Wirkungen entfalten. Eine dieser sehr bemerkenswerten Initiativen des Herrn Präsidenten, die ob ihrer Pionier- und Vorbildfunktion zu Recht auch internationale Beachtung und Würdigung erfährt und verdient, ist die Qualitätsverbesserung der Ausbildung der Rechnungshofprüfer_innen in Form eines gemeinsam mit der Wirtschaftsuniversität Wien durchgeführten MBA-Studiums „Public Auditing“. Meine Innovationsvorschläge für die öffentliche Finanzkontrolle zum Wohle der Republik sind zum Teil auch dieser Initiative zu verdanken, weil mein Forscherdrang dadurch mit motiviert und verstärkt wurde.
Als rechtstreuer Staatsbürger und Bewerber um das Amt des Präsidenten des Rechnungshofes der Republik Österreich schulde ich Ihnen, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete des Nationalrates, ein Amtsführungskonzept mit Innovationscharakter und messbarem Nutzen für die vitalen Interessen der finanziellen Staatssicherheit. Ich möchte Ihnen dabei auf Augenhöhe gegenüberstehen – dienend als Bewerber, aber auch als Teil des Souveräns, den Sie vertreten – und deshalb auch Handlungsbedarfe nicht verschweigen, die vom Nationalrat selbst möglichst rasch wahrzunehmen wären.
In diesem Sinne hoffe ich auf eine wohlwollende Erwägung meines Appells und meiner Bewerbung, erkläre meine Bereitschaft, allen zuständigen Ausschüssen des Nationalrates dazu auch gerne für Erläuterungen, Rede und Antwort zur Verfügung zu stehen (wiederum: als Staatsbürger, Finanzkontrollexperte und Bewerber) und sehe Ihren geschätzten Antworten, Stellungnahmen und Aktivitäten mit gespannter Erwartung entgegen.
Mit vorzüglicher Hochachtung!
Michael Bernt
Bewerber um das Amt des Präsidenten des Rechnungshofes der Republik Österreich für die Amtsperiode 1. Juli 2016 bis 30. Juni 2028
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